STUHLNACHT

 

Glaubwürdig oder nicht – der Stuhl bleibt frei und ich setze mich dennoch. Eine unschuldige Aufforderung, die Seele zu öffnen. Nicht ein Wort berührt mein Dekolleté. Und dennoch lassen wir nicht voneinander. Zurückhaltung und Neugierde lassen mich mutig werden wegen der drohenden Stummheit des Tisches. Ein Licht kommt auf uns zu und das Staunen wächst ins Unermeßliche. Niemand bemerkt unser gelb - seidiges Erwachen. Uns selbst bleibt es verborgen, solange uns niemand stört.

Unruhig wird das Erwarten und die Zeit scheint Dich zu beunruhigen. Ich werde gelassen und erlebe die Nacht als endgültigen Ausweg aus der netzigen Falle des Geliebt - Werdens. Die Lehne kommt auf mich zu und lädt mich zum dunklen Verweilen ein. Ich nehme an und beobachte, lese in der unruhigen Bewegtheit Deines Lebens und träume mich weit fort von diesem Ort, den es nicht mehr gibt seit zwei Minuten. Wie sehr ich bleiben würde bis ich nichts mehr weiß, nie mehr eine Ahnung habe, trunken vom Rot mich in ein Bett lege und zerfließe!

Was will mir die Realität? Ist sie frauliche Hysterie, die mich verwandeln will in eine goldene Gewinn – Verpflichtung? Ich lehne sie ab, verweise sie sanft, fast zärtlich auf schöne Wesen des Universums, um mein Kleid nicht zerreißen zu müssen. Sie läßt sich nicht verführen, bleibt an meinem Körper kleben. Ich wehre mich vorerst nicht, weil unhöflich sein mir nicht gut zu Gesicht steht. Doch sollst Du nicht glauben, dass ich nicht zerspringe und Deine Haut verletze mit meinen Scherben!

Heute gilt mein Verbot, die Angst herein zu bitten, denn was geschieht wird uns in weißen Sand schleudern, der rot und warm in die Haut dringt und sanfte Worte in uns hinein schreibt. Und Deine wirrenden Wortunterbrechungen, die lila Zungen lahm macht, erheben Dich zum König der Worte, denn versuchte Worte sind unendlich rar auf unserem sich um sich selbst drehenden Planeten. Bewundern werde ich jene, die nicht anders können als lieblich lebend, vor mir stehend kein Wort hervor zu bringen wegen der Unsicherheits – Wahrheit, die alles erfüllt...

Mut will ich Dir einreden, Dich in die Welt schicken und abholen, wenn Du mein Leben nicht mehr erreichst. Ich jage dem Unaussprechlichen nach und begegne jetzt Dir und morgen Deinem Schatten mit seidigen Vorhängen, durch die das Licht nur in gewünschter Stärke dringt. Was wirkliche Schönheit mir ist, habe ich für den Moment verloren. Es gibt sie die Hoffnung, ihr wieder zu begegnen, wenn ich  so ganz auf dem Boden mich begreife, ohne Verbindung zur Distanz – Berührung.

Solltest Du jemals versuchen, mich um Worte zu betrügen, werde ich sie dennoch auf Deinem abgekämpften, betupften Rücken lesen können. Wie unnütz also jeder Versuch anmutet...